Thema : Musizieren in der Siedlung
Betroffene : Familie Holstein
Kinderlärm : Politik fordert mehr Toleranz
Nach Bußgeld-Urteil wegen Klavierspielens regt die SPD eine Gesetzesänderung an
Störfaktor Kind ,Ärgernis Hausmusik: Das Urteil des Amtsgerichtes Tiergarten, nach dem ein Spandauer Vater wie berichtet 50 Euro Bußgeld wegen Lärmbelästigung zahlen muss,weil seine 16-jährige Tochter sonntags Klavier übte, hat eine heftige Debatte in der Stadt ausgelöst.Der SPD Abgeordnete Daniel Buchholz regt an, Kinderlärm auch gesetzlich mehr Toleranz einzuräumen. Die familienpolitische Sprecherin der FDP, Mieke Senftleben, rügt die Geldbuße aufgrund nachbarschaftlicher Klagen als nicht hinnehmbare Einschränkung des normalen Lebens. Und zu dem gehören Kinder und Jugendliche dazu. Laut Margit Barth
(Linke) nehme die Tendenz zu , sich durch die Entfaltung von Kindern belästigt zu fühlen,vor allen in wohlhabenden Wohngegenden. In solchen Fällen müsse es ein besseres Konfliktmanagement geben, so dass nicht sofort die Gerichte bemüht werden.
Buchholz, umweltpolitischer Sprecher der SPD ,sieht eine Lücke im Landesimmissionsschutzgesetz, auf dem das umstrittene Urteil fußt.In dem Gesetz werde nicht zwischen Lärm von Kindern und Jugendlichen und Gewerbelärm unterschieden.
Buchholz sagt: Wir müssen überlegen, ob man für eine größere Toleranz gegenüber Kinderlärm nicht eine gesonderte Regelung im Gesetz einfügt. Entsprechende Initiativen gebe es schon.
Auszug, Quelle: Tagespiegel, 30.September 2008, Nr. 20041, von Christoph Stollowsky
Klavierspielen unerwünscht: Vater muss Bußgeld zahlen
16-jährige gewann bei „Jugend musiziert“, doch Nachbarn klagten erfolgreich.Immer öfter werden Kinder und Jugendliche als Störfaktor empfunden
Die einen freuen sich über spielende Kinder vor ihren Fenstern oder Hausmusik in der Nachbarwohnung ,für andere sind Geschrei und Pianomelodien ein Anlass, vor Gericht zu ziehen.-Und in Spandau wurde jetzt der Vater einer Klavierschülerin zu einer Geldbuße
verurteilt. Seine 16-jährige Tochter hatte an einem Sonntag eine Stunde lang Werke von Johann Sebastian Bach gespielt. Präludien und französische Suiten des Meisters übte die
junge Frau am 3.Februar dieses Jahres auf durchaus virtuose Weise, denn immerhin hat sie bereits einen 1.Platz beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten gewonnen. Doch einem neu zugezogenen Paar missfiel das klassische
Sonntagskonzert. Es zeigte die Familie beim Amtsgericht Tiergarten an – und das mit Erfolg.
Wegen Verstoßes gegen das Immissionsschutzgesetz muss der Vater nun die Geldbuße von 50 Euro bezahlen und für die Kosten des Verfahrens aufkommen. In der Urteilsbegründung heißt es , die Klaviermusik habe erheblich störenden Charakter, die regelmäßigen Klavierübungen könne man nicht mehr unter dem Begriff der Hausmusik einordnen.
Wer zukünftig am Sonntag in seiner Wohnung musiziert, muss also in Berlin mit einer Verurteilung wegen Lärmbelästigung rechnen.
Auszug, Quelle: Tagesspiegel, 29.September 2008, Nr. 20040, von Franz Nestler & Christoph Stollowsky